Tierheim in großer Not

Dieser Tage könnten sich die dunklen Haare der Vorsitzenden des Tierschutzvereins Dormagen, Babette Terveer, vor Sorgen grau verfärben. Grund ist ein Wasserschaden aus Mitte August, bei dem die Zwischendecken im Tierheim an der Bergiusstraße stark beschädigt wurden. Der Schaden beläuft sich nach eigenen Angaben auf 35.000 Euro. Alleine das war eine Nachricht, wie sie kaum jemand im Tierschutz gebrauchen kann, der vor allem auf Spenden angewiesen ist, um Tiere aufzunehmen und versorgen zu können. Doch dann kam nun der nächste Schock. Die Versicherung will nicht zahlen. Ein Umstand, den das Tierheim an den Rand des Existenzverlustes bringen kann. Dank vieler Spender und Firmen aus dem Umfeld konnten die Aufräumarbeiten bereits gestemmt werden und den Tieren geht es gut. Laut Terveer stellte Ineos beispielsweise sechs Auszubildende zur Verfügung. Auch viele Freiwillige hatten geholfen. Darüber freute sich der Vorstand um Terveer, der das Tierheim betreibt. „Ganz besonders hat es uns gefreut, dass wir insgesamt Spenden in Höhe von 14.000 Euro erhalten haben. Dafür möchten wir uns sehr bedanken. Das hat geholfen“, freut sich die Vorsitzende. Allerdings reicht das noch nicht. Das Dach muss erneuert werden, damit solch ein Vorfall, hervorgerufen durch extrem starke Regenfälle, nicht mehr passiert. Daher ist das Tierheim auf weitere Spenden angewiesen. Das Spendenkonto des Tierheims ist bei der Sparkasse Neuss, IBAN: DE27 3055 0000 0000 3301 34. Jeder noch so kleine Betrag hilft, vor allem den Tieren. Schneller geht es mit „paypal“. Dazu folgende E-Mail nutzen: „info@tierheim-dormagen.de“. Am Samstag, 1. Dezember, veranstaltet zudem die Tierarztpraxis „An St. Michael“ in der Innenstadt eine Benefizveranstaltung zugunsten des Tierheims. -Andrea Lemke

Nur noch bis Saisonende

Handball-Zweitligist TSV Bayer Dormagen wird den am 30. Juni 2019 auslaufenden Vertrag mit Trainer Ulli Kriebel nicht verlängern. Die Entscheidung, die Zusammenarbeit zu beenden, fiel im Einvernehmen zwischen Handball-Geschäftsführer Björn Barthel und dem dreiköpfigen Kompetenzteam. Sie wurde dem Coach frühzeitig mitgeteilt, sollte aber erst in der zweiwöchigen Spielpause Ende Oktober veröffentlicht werden.

Doch es kam anders, obwohl es eine entsprechende Absprache gegeben haben soll. Schon vor rund zwei Wochen ploppte ein in der Öffentlichkeit allerdings so gut wie gar nicht registrierter Post im Online-Forum „Handballecke“ auf. Da war es nur ein Gerücht in Bezug auf Kriebel, das hinterfragt wurde. Doch am vergangenen Dienstag wurde der Vorgang öffentlich: Im Solinger Tageblatt erschien auf der Lokalsportseite ein Artikel mit der Überschrift „Trainer Ulli Kriebel verlässt Dormagen“. Darin erklärte der 40-Jährige, er werde sich zu neuen Saison neu orientieren. „Die Gespräche mit Dormagen sind abgeschlossen. Es obliegt dem Verein, darüber zu informieren“, wird der dreifache Familienvater, der mitten in der Saisonvorbereitung überraschenderweise einen zweiwöchigen Urlaub in Holland dazwischenschob und vor Ort phasenweise von Co-Trainer Peer Pütz vertreten wurde, in der Ausgabe direkt zitiert. Der Artikel machte dann auch gleich die Runde – zunächst in der WhatsApp-Gruppe der zweiten Mannschaft des TSV, die in der Oberliga spielt. Doch auch schon vorher war gerüchteweise zu hören, dass Spieler der ersten Mannschaft irgendwie erfahren hatten, dass Kriebel zum Saisonende gehen muss. Der Diplom-Ingenieur im Maschinenbau, der Vollzeit arbeitet, das Trainergeschäft also nur im Nebenberuf betreibt, hatte nach Informationen des SCHAUFENSTERS die Verantwortlichen dazu gedrängt, die Personalie sofort bekannt zu geben. Diesem Wunsch folgten Geschäftsführer und Kompetenzteam offenbar nicht. Statt dessen präferierte der TSV die Lösung „Ende Oktober in der Spielpause“. An diese Absprache hat sich Kriebel offenbar nicht gehalten, wenn er denn in dem Artikel im Solinger Tageblatt nicht falsch und (oder) nicht unautorisiert zitiert worden ist.
Die Personalentscheidung dürfte nicht wenige Fans des Dormagener Handballs überraschen – zumal der TSV Bayer Dormagen als Aufsteiger nach dem überraschenden 37:29-Erfolg beim TV Emsdetten am vergangenen Dienstagabend mit 7:7 Punkten insgesamt gut in die Spielzeit gestartet ist. (Gestern Abend fand nach Drucklegung dieser Ausgabe das Heimspiel gegen den Tabellenzweiten TUSEM Essen statt.) Doch die Verantwortlichen am Höhenberg sind offensichtlich frühzeitig zu einer anderen Einschätzung gekommen. Ihr Ziel: In dieser Saison soll unbedingt der Klassenerhalt gelingen, um sich dann dauerhaft in der Zweiten Liga zu etablieren. Diese perspektivische Zielsetzung erfordert aber wohl eine weitere Professionalisierung – auch auf der Position des Cheftrainers. Barthel erklärte auf Anfrage des SCHAUFENSTERS am vergangenen Donnerstag: „Ich muss mit Ulli Kriebel erst mal über den Artikel sprechen. Die Mannschaft werden wir aber vor dem Spiel gegen Essen nicht noch offiziell informieren.“ In der nächsten Woche werde eine offizielle Pressemitteilung folgen. (Oliver Baum)

 

Tiefschlag für die „Kö“

Ende März 2019 werden die beiden Markengeschäfte „Majolie“ und „Satellite“ aus der Galerie „Alten Post“ am Kappesberg ausziehen und eine neue Heimat im Ring-Center finden. Das teilte Geschäftsführer Hans-Dieter Lehnhoff bei einer Pressekonferenz in der vergangenen Woche mit. Eine Entscheidung mit Folgen.
Die Gründe sind verständlich: zu geringe Kundenfrequenz und negative Prognosen. Spätestens dann muss jeder Unternehmer handeln. Das hat Lehnhoff mit dieser Entscheidung getan, um weiter erfolgreich für die Zukunft und den Wettbewerb gerüstet zu sein. Eine Folge dieser Entscheidung wird einen Umbau sowie eine Umstrukturierung des Stammhauses „Ring-Centers“ nach sich ziehen. So werden beispielsweise Glas, Porzellan und Kurzwaren weichen, um mehr Platz für attraktivere Angebote zu schaffen. Denn diese Artikel werden nach eigenen Angaben nicht mehr so gekauft wie früher. Das liege auch an dem Angebot großer Möbelhäuser im Umfeld. Freuen können sich die Kunden zukünftig auf neue Marken-Shops im Damenoberbekleidungsbereich, eine größere Lederwaren- und Kofferabteilung, mehr Freiraum mit Wohlfühlatmosphäre, neue Marken wie Levis oder Diesel, mehr Info-Screens durch sogenanntes „InStore-TV“ mit Produktinfos, Einsatz von Tablets, neue Lüftungs- und Klimaanlagen und vieles mehr. Kurz: Es wird ein sechsstelliger Betrag in das Stamm-Haus investiert. Für das Ring-Center ist das der richtige Schritt und die Kunden können sich auf gesteigertes Einkaufsvergnügen dort freuen. Die Entscheidung hat aber auch weniger angenehme Folgen. Zum Beispiel für die südliche Kölner Straße (kurz „Kö“). Das werde die Einkaufslage dort nicht verbessern, räumte Lehnhoff ein. Seine Schuld ist das aber nicht. Die Galerie „Alte Post“ wird nach dem Wegzug der beiden Marken in weiten Teilen leer stehen. Wenn es dem Eigentümer nicht gelingt, dort für attraktive Geschäfte zu sorgen oder andere Alternativen, ist der Eingang zur südlichen „Kö“ von dieser Seite verwaist. Das könnte dann wieder ein altes Thema aufs Tapet bringen: Öffnen der südlichen „Kö“ für den Einbahnstraßenverkehr. Schon öfters wurde darüber diskutiert. Sogar Anträge gab es dazu schon. Die Politik aber konnte sich zu diesem Schritt nie durchringen. Hintergrund war immer, die südliche „Kö“ damit zu beleben und die fast 700 Meter lange Fußgängerzone einzukürzen. -Andrea Lemke

Was wird Ende März 2019 aus der „Galerie Alte Post“, wenn „Majolie“ und „Satellite“ gehen? Foto: ale

Raumkonzept genehmigt

Zweieinhalb Stunden dauerten die Beratungen in der gemeinsamen Sitzung von Schulausschuss und Betriebsausschuss des Eigenbetriebs Dormagen über die Sanierung und den Ausbau der Regenbogenschule sowie den Neubau für die Offene Ganztagsschule (OGS) auf dem Gelände der Grundschule. Ergebnis: Das von allen Beteiligten erarbeitete und favorisierte pädagogische Raumkonzept geht nun in die Ausschreibung der Planungsleistungen.

Der große Gebäudekörper ist die vorhandene Grundschule in Rheinfeld. Links daneben, in Richtung der Straße „In der Au“, soll der Neubau für die OGS hin. (Repro: ED)

Es war teilweise ein zähes Ringen, das sich in der Sitzung am Dienstag, 25. September,  im Ratssaal abspielte. Im Ergebnis brachte der Schulausschuss die nächste Verfahrensstufe einstimmig auf den Weg. Bei der Abstimmung des Betriebsausschusses votierte lediglich die Zentrums-Fraktion dagegen. Zuvor, also am Ende von Präsentationen, Nachfragen und Diskussion, sorgte der Erste Beigeordnete der Stadt, Robert Krumbein, mit einem für ihn eher ungewohnt flammenden Appell für das passende Schlussstatement: „Wer eine gute Schule will, der muss bereit sein, dafür auch einmal einen neuen Kredit aufzunehmen, um entsprechend in die Bildungschancen unserer Kinder zu investieren. Mit dem vorgestellten ,partizipativ’ entwickelten Raumkonzept setzen wir den Standard für alle Schulsanierungen und Schulerweiterungen in der Zukunft im Stadtgebiet.“ Es könne nicht angehen, dass beim 80-Millionen-Euro-Paket für die beiden Schulzentren in Hackenbroich und am Bahnhof („ÖPP-Projekt“) die Beteiligten zukünftig hervorragende Standards hätten, während andere Schulstandorte schauen müssten, wie sie mit weitaus weniger Möglichkeiten klarkommen. Krumbein betonte auch, dass das vorliegende Konzept für die deutlich in die Jahre gekommene Regenbogenschule in Rheinfeld dem Konzept für den „LernOrt Horrem“ (SCHAUFENSTER berichtete) „sehr ähnlich ist“. Die Grundschule, die an der Straße „In der Au“ liegt, wird zukünftig von zwei auf drei Züge erweitert – der steigende Bedarf in Form von höheren Kinderzahlen und geplantem Neubaugebiet in Rheinfeld machen es möglich. Hinzu kommt, dass der bisherige OGS-Standort einige hundert Meter weit weg von der Schule liegt. Es wird nach dem Umbau und der Erweiterung also zusammengeführt, was zusammengehört. Schulleiter Thomas May hatte zu Beginn anschaulich und verständlich erläutert, wie das pädagogischen Raumkonzept aussieht – geprägt von multifunktionalen Nutzungsmöglichkeiten in beide Richtungen, also für die Schule und für die OGS. Dazu soll es mehr Rückzugsbereiche geben, Räume für Einzel- und Gruppenarbeit. „Viele sind von 7 bis 16 Uhr in der Schule. Wir reden also auch über einen Lebensraum, der attraktiv für die Kinder sein sollte“, betonte May. Dass das seinen Preis hat, ist klar: Eine erste grobe Kostenschätzung geht von zehn bis elf Millionen Euro aus. (Oliver Baum)

Erstmals ein Sozialbericht

Seit Donnerstag vergangener Woche liegt der erste Sozialbericht für Dormagen vor. Die Verwaltung stellte ihn in der jüngsten Ratssitzung vor. Fazit: Dormagen wird „jünger“ und „älter“, die Stadt wächst durch Zuzüge, Minderjährige sind besonders von Armutsverhältnissen betroffen. Wer in der Vergangenheit schon öfter gedacht, dass es wieder mehr Kinderwagen im Stadtbild gibt, der hat sich nicht geirrt: In der Tat ist die Geburtenrate zwischen 2011 und 2016 um 22,51 Prozent gestiegen. Das sind rund drei Prozent mehr als der Bundesdurchschnitt. Alleine im vergangenen Jahr wurden 578 Kinder geboren, seit 2008 der höchste Wert.

Dormagen wird in seiner Bevölkerungsstruktur immer bunter. Diese Entwicklung bestätigte der erste Sozialbericht, den der Bürgermeister in der jüngsten Stadtratssitzung vorstelle. (Archiv-Foto Sauberhaft-Tag)

Zwar stehen dem 701 Sterbefälle gegenüber, aber es ist deutlich eine Trendwende zu mehr Geburten erkennbar. Bestätigt wird dies durch die Geburten auch in diesem Jahr. Bis zum 31. August wurden bereits 428 Babys geboren. Dormagen wird „älter“ und „jünger“, denn den höchsten Zuwachs verzeichnet die Gruppe der über 80-Jährigen und die Gruppe der unter Dreijährigen. Das führt zwangsläufig zu veränderten Bedarfen im Bereich der Altenheime und Kindertagesstätten (Kita), eine große Herausforderung für die Stadt. „Allein aus den Geburtenzahlen lässt sich der künftige Bedarf an Kitas nicht ableiten“, so Bürgermeister Erik Lierenfeld. Vielmehr müssen auch die Zuzüge mit in die Planungen einfließen. Dormagen verzeichnet dabei einen deutlichen Zuwachs. Die Stadt ist von 2012 bis 2017 um 2.016 Einwohner auf 65.166 gewachsen. Das ist ein Anstieg um 3,28 Prozent (NRW 1,91 Prozent). Ein Großteil des Zuwachses kam 2015 durch die Flüchtlingsunterbringung zustande. Aber auch unterschiedliche Bevölkerungsgruppen ziehen nach Dormagen. Das liegt unter anderem an der hervorragenden Lage zwischen Düsseldorf und Köln. Insgesamt sind von 2012 bis 2016 insgesamt 10.618 Deutsche (Wegzug 10.669) und 9.476 Nicht-Deutsche (Wegzug 6.505) weggezogen. Dadurch hat die Stadt stark zunehmende Aufgaben der Integration zu bewältigen, da es 22,64 Prozent Ausländer und Menschen mit mehrfacher Staatsbürgerschaft gibt. Als erste Maßnahme schlug die Verwaltung daher vor, dies mit dem neuen Case-Managment, das im Rahmen des Modellprojektes „Einwanderung gestalten“ gemeinsam mit dem Jobcenter und vielen weiteren Partnern entwickelt wurde, zu bewältigen. (Es wurde im Rahmen des Jugendhilfeausschusses am vergangenen Donnerstagabend nach Redaktionsschluss vorgestellt; Anmerkung der Redaktion). Nicht umsonst betitelte der Bürgermeister diesen Bericht auch als „Daten für Taten“. Die werden auch im Bereich der Kinderarmut nötig sein. Dem Sozialbericht zufolge sind Minderjährige besonders von Armutsverhältnissen betroffen. Fast jedes sechste Kind in Dormagen lebt von der Mindestsicherung. Besonders stark betroffen sind Kinder in Horrem (548 Minderjährige), Hackenbroich (324) sowie in der Innenstadt (178). Die Stadt möchte daher einen neuen Förderantrag im Rahmen des Landesprogramms „Zusammen im Quartier – Kinder stärken – Zukunft sichern“ stellen, um weitere Daten erheben zu können und Maßnahmen zur Kinderarmutsbekämpfung in den drei betroffenen Stadtteilen fachgerecht beurteilen beziehungsweise bewerten zu können. (Andrea Lemke)

Digitales Klassenzimmer

Unterrichtsergebnisse mit einem Klick auf der Tafel präsentieren, E-Books verfassen und Videos veröffentlichen – Dies und vieles mehr bietet der neue Schulungsraum des DINT-Forums. Eröffnet wurde das „digitale Klassenzimmer“ am vergangenen Dienstag von Bürgermeister Erik Lierenfeld.

Die Kreide mit einem Schwamm von der Tafel wischen? Das war gestern. Heute wird einfach die Entfernen-Taste gedrückt. Dass Digitalisierung, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (DINT) immer stärker den Unterrichtsalltag dominieren, beweist die neue multimediale Lernumgebung, welche jetzt in einem lichtdurchfluteten Raum der Volkshochschule (VHS) an der Langemarkstraße eingerichtet worden ist. Bei der Eröffnung durch Bürgermeister Erik Lierenfeld waren unter anderem auch Dr. Daniel Koch, NRW-Standortleiter von Covestro, und Dr. Ute Müller-Eisen, Leiterin NRW-Politik von Covestro, anwesend.
Der Schulungsraum des DINT-Forums ist ausgestattet mit 15 iPads inklusive rollbarem Ladekoffer. Durch eine Spende von Covestro ist der Raum zudem mit einem digitalen Active Panel ausgestattet. Dieses kann Inhalte und Materialien direkt auf verbundene mobile Endgeräte spiegeln, damit sie dort bearbeitet werden können. Am Active Panel kann simultan geschrieben und gezeichnet werden – Das unterstützt das kollaborative Lehren sowie Lernen. Auch ein Drucker und ein Moderationskoffer stehen für das multimediale Lernerlebnis im DINT-Forum zur Verfügung. Lehrer haben so die Möglichkeit, ihren Unterricht an einem außerschulischen Lernort besonders interaktiv zu gestalten. Aber auch Vereinen oder Unternehmen steht das DINT-Forum offen. Denn für Seminare oder Fortbildungen kann der neue Schulungsraum ebenfalls eine ideale Umgebung bieten. Wer Interesse an der Nutzung des Schulungsraums im DINT-Forum hat, wendet sich an die VHS unter Tel. 02133/25 72 38. –

Bürgermeister Erik Lierenfeld (rechts) und Dr. Daniel Koch, NRW-Standortleiter von Covestro, testeten nach der Eröffnung das Active Panel. Foto: jvh

Joëlle von Hagen

Mehr Natur geht nicht

Jakob Fischer, Graf Althans Reneklode, Peter Broich oder die Köstliche von Charneux sowie Clapps Liebling, sind weder Pseudonyme für ein Partnersuchportal, noch wahre Menschen. Vielmehr handelt es sich um Obstsorten wie Birne, Apfel oder Pflaume.

Aufgrund veränderter Verbrauchergewohnheiten wurden Obstwiesen im Laufe der Jahre immer weniger. Dass sich dies im gesamten Rhein-Kreis Neuss und auch in Dormagen geändert hat, ist unter anderem dem „Haus der Natur – Biologische Station im Rhein-Kreis Neuss“ zu verdanken, die sich mit der Obstwiesen-Initiative ganz der dauerhafte Erhaltung des „grünen Kulturgutes“ Obstwiese verschrieben hat. Nur ein Projekt im Übrigen dieser Einrichtung. Besonders im Fokus der Obstwiesen-Initiative stehen alte Obstsorten. Die erste Obstwiese der Einrichtung wurde bereits 2001 am Werther Hof bei Hackenbroich angepflanzt. Seither sind zahlreiche gefolgt. Mittlerweile blühen im Frühjahr die Obstbäume im Straberger Broich, auf dem Gelände des Klosters Knechtsteden oder auch entlang des Holzweges. Fast 2.000 Bäume betreut die Biologische Station im gesamten Kreisgebiet, „fast 900 davon auf Dormagener Gebiet“, erzählt Thomas Braun, Diplom-Landschafsökologe, dessen Baby die Initiative ist. „Unsere Obstwiesen werden naturnah bewirtschaftet, hier wird nichts gespritzt. Viele Sorten sind bereits Bio-zertifiziert, für andere steht dieses Siegel in Kürze an“, verrät er. Im Moment ist Erntezeit bei Äpfeln, Birnen und Zwetschgen. Die Obstbäume haben auch unter der Trockenheit des Sommers gelitten. „Vereinzelte Äste sind dadurch ausgetrocknet und unter der Last des Obstes einfach abgebrochen. Zum Schutz haben die Bäume auch viel Obst abgeworfen“, erklärt der Fachmann. Doch es ist noch genug da für den Verkauf, der beispielsweise in Knechtsteden in einem roten Häuschen direkt am Parkplatz mittwochs und donnerstags von 9 bis 13 Uhr und samstags von 12.30 bis 15.30 Uhr sowie sonntags von 11.30 bis 14.30 Uhr seine Pforten öffnet. Dort können Natur-Fans sich über seltene Sorten wie den Danziger Kantapfel, der tatsächlich eine Kante hat, den Berlepsch, dem Dülmener Herbstrosenapfel, den Peter Broich-Apfel oder die Köstliche von Charneux, eine Birne, freuen, die dort verkauft werden. Das sind alles Sorten, die zum Teil 100 Jahre und mehr auf dem Buckel haben. Merkmale wie Nutzungszweck, Lagerfähigkeit, Reifezeitpunkt, Geschmacksrichtungen, Obstmenge sowie Baumeigenschaften haben bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts eine Fülle verschiedener Sorten entstehen lassen. So hat beispielsweise der Generalvikar von Ramrath, ein gewisser Herr Schumacher, dafür gesorgt, dass sich der von ihm gezüchtete Peter Broich-Apfel verbreitete. Ein großer Teil dieser alten Obstsorten verlor nach und nach an Bedeutung, da sich der Obstmarkt vom lokalen Handel immer mehr in Richtung internationaler Vermarktung entwickelte. Die rein an optischen Merkmalen orientierten Qualitätsstandards der EU trugen weiter zum Verschwinden altbewährter Sorten bei. Die Biologische Station setzt mit ihrer Obstwiesen-Initiative einen „leckeren “ Gegentrend. -Andrea Lemke

Die Biologische Station verkauft in Knechtsteden Obst, das direkt von der Obstwiese kommt. Foto: A. Lemke