Da landet der TSV Bayer Dormagen mit seiner jungen Zweitliga-Mannschaft einen unerwarteten Auswärtssieg (in Dessau) und ist nach sechs Spieltagen mit 6:6 Punkten im Kampf um den Klassenerhalt sportlich im Soll, da verhagelt die Nachricht über das erhebliche Etatloch nach dem Ausfall eines Großsponsors die Stimmung der Handballer und ihrer Fans.
Die aktuellen Probleme der TSV Bayer Dormagen Handball GmbH sind auch das Ergebnis einer Entwicklung der vergangenen Jahre. Die offenkundigen Parameter hat meinDormagen schon am vergangenen Mittwoch (11. Oktober) beleuchtet (https://meindormagen.de/finanzielle-probleme-beim-tsv/). Wie so oft bei einer negativen Entwicklung kommt eins zum anderen. Nur ein Beispiel: Der TSV hat sich im Februar 2022 – rein wirtschaftlich betrachtet – den „Luxus“ erlaubt, einen Trainer freizustellen, den er noch bis Juni 2023, also 17 Monate lang, bezahlen musste. Offenkundig ist, dass aufgrund der gesamtwirtschaftlich negativen Entwicklung in Deutschland, die auch vor dem Rheinland nicht Halt macht, das Handling vorhanderer Sponsoren unberechenbarer geworden ist. Der eine muss ganz aufhören, der andere kann nur weniger geben – weil es nicht anders geht. Und woher neue Sponsoren nehmen, ohne sie zu stehlen?
Die Folge ist ein schrumpfender Etat, was sich auch im Kader für die Saison 2023/24 widerspiegelt. Bei steigenden Gesamtkosten muss irgendwann unweigerlich auch der Personaletat angepackt werden. Eine Problematik, die seitens des TSV durchaus schon thematisiert wurde – verbunden mit dem wiederkehrenden Appell zur (größeren) Unterstützung. Die „Bringschuld“ wurde und wird dabei gerne nach außen geschoben: Anerkennung für den Handballstandort, insbesondere für die herausragende Jugendarbeit. Doch die Zeiten haben sich geändert. Die „Bringschuld“ liegt vor allem beim Verein selber.
Das fängt bei der Außendarstellung und der „Verwurzelung“ in der Heimat an. Dazu nur zwei Beispiele: Nicht jedes „Eigengewächs“ ist ein Dormagener. Und: Was wurde seit der Pandemie getan, um zumindest flächendeckend im Rhein-Kreis Neuss für die Heimspiele zu werben? Das endet bei der Qualität der sportlichen Darbietungen, vor allem in eigener Halle. Da war in der vergangenen Saison zu oft Magerkost dabei. Während sich andere Zweitliga-Vereine aus dem pandemiebedingten Einknicken der Zuschauerzahlen befreit haben, ist das dem TSV – wenn überhaupt – nur ansatzweise gelungen. Wo ist die Anbindung und der Zusammenhalt geblieben, die die „Handballstadt Dormagen“ früher ausgezeichnet haben?
Doch eins nach dem anderen: Zunächst einmal muss das finanzielle Loch für diese Saison gestopft werden. Dann aber muss sich der TSV endlich strukturell anders, professioneller aufstellen. In der bisherigen Konstellation funktioniert es offenkundig nicht. Die derzeitige Misere ist somit auch eine Chance für einen Neuanfang. (Oliver Baum)
(Der TSV Bayer Dormagen verlor gestern Abend vor 911 Zuschauern im Sportcenter gegen den Tabellenzweiten SG BBM Bietigheim nach einem unterhaltsamen Offensivspektakel mit 35:40. Zur Halbzeit hatte das Team von Trainer Matthias Flohr mit 20:19 geführt. Dabei konnten sich die Gäste erst zwischen der 51. und 53. Minute in Unterzahl von 31:32 auf 31: 34 vorentscheidend absetzen. In der Phase kam SG-Keeper Fredrik Genz, ein Ex-Dormagener, ins Spiel und ebnete mit seinen sieben Parade den Weg zum Auswärtssieg.)