CDU: Ungereimtheiten bei Mitgliedergewinnung?

Am vergangenen Freitag ist der Vorstand der CDU im Rhein-Kreis Neuss zu einer außerordentlichen Sitzung zusammengekommen, um über die Neuaufnahme von Mitgliedern für den CDU-Stadtverband Dormagen zu entscheiden. Der Stadtverbandsvorstand hat seine Mitglieder für den morgigen Dienstag ab 19.30 Uhr in die Kulle zur Versammlung eingeladen. Dort steht unter anderem die „Wahl des/der Stadtverbandsvorsitzenden“ an. Dafür kandidieren Amtsinhaberin Anissa Saysay und Alana Voigt (wir berichteten). Die Beschlüsse in der Vorstandssitzung der Kreispartei fielen einstimmig – ohne Enthaltungen. Das geht es aus einer schriftlichen Zusammenfassung eines Sitzungsteilnehmers hervor, die unserer Redaktion anonymisiert von einem Dormagener Parteimitglied zugemailt wurde. Die inhaltliche Richtigkeit dieser Zusammenfassung haben vier weitere Sitzungsteilnehmer heute unabhängig voneinander bestätigt.

Bei vier Neuanträgen war als Wohnsitz die Privatadresse von Saysay angegeben. Da drei dieser vier Personen weder mit dem Erst- noch mit dem Zweitwohnsitz bei der Stadt Dormagen gemeldet sind, wurde ihre Aufnahme abgelehnt. In vier Neuanträgen wurde auf ein Patenschaftsprogramm verwiesen, das es ermöglichen soll, dass die Mitgliedsbeiträge von Dritten bezahlt werden. „Laut Auskunft der Landes-CDU ist dies nur zulässig, wenn ein entsprechendes Programm in der Kreissatzung verankert ist und die Mitglieder jünger als 25 Jahre sind. Beides ist nicht der Fall“, steht dazu in der Zusammenfassung. Die Aufnahme der vier Personen wurde abgelehnt. Es lagen sechs Neuanträge aus dem Kreisgebiet, aber nicht aus Dormagen vor. In einem Fall arbeitet die Person in Dormagen; sie wurde aufgenommen. Die anderen fünf wurden in den Stadtverband aufgenommen, der ihrem Wohnsitz entspricht. Dann gab es einen Antragsteller, der einem anderen Kreisverband angehört, aber in Dormagen arbeitet; seiner Aufnahme wurde zugestimmt. In der Sitzung des Kreisparteivorstandes ging es weiter um die Zahlung von Mitgliedsbeiträgen durch Dritte. „Dies ist prinzipiell nicht gestattet. In den vergangenen Wochen war der Kreisgeschäftsstelle aufgefallen, dass in 27 Fällen die Beiträge für Neuanträge von einer dritten Person getätigt wurden. Diese Zahlungen sind mittlerweile alle rückabgewickelt worden“, schreibt der Sitzungsteilnehmer in seiner Zusammenfassung. Auf Nachfrage habe der Kreisparteivorsitzende erklärt, dass diese 27 Zahlungen von Anissa Saysay geleistet worden sind; sie habe das bestätigt. „Keine Zahlungen für Mitgliedsbeiträge für Dritte wurden von Alana Voigt getätigt. Etwaige Behauptungen sind nachweislich falsch“, ist in der Zusammenfassung zu lesen. Der Kreisparteivorsitzende habe zudem darauf hingewiesen, dass das Ausstellen von Beitragsquittungen nur durch den Kreisgeschäftsführer zulässig sei. Für die 27 Fälle habe Saysay erklärt, die Ausstellung der Beitragsquittungen durch den Stadtverband werde wieder rückgängig gemacht. Im Laufe der Recherchen erfuhr unsere Redaktion, dass der Sitzungsteilnehmer, der die Zusammenfassung geschrieben hat, Dr. Michael Conrad ist. Er ist Vorsitzender des CDU-Ortsverbandes Dormagen.

„Da diese Beschlüsse ausweislich der Satzung und Beitragsordnung falsch sind, werde ich sie beanstanden“, teilte Saysay heute am späten Vormittag auf Anfrage mit. Am späten Nachmittag erreichte unsere Redaktion ein „Vermerk“ von Peter-Olaf Hoffmann. Er vetritt darin die Meinung, es sei falsch, dass Beitragszahlungen nur höchstpersönlich zu leisten sind: „Die Finanz- und Beitragsordnung trifft über die Frage, wie die Beitragszahlung zu erfolgen hat, keine Regelungen.“ In der Satzung der Kreispartei müsse ansonsten stehen, dass der Beitrag persönlich zu entrichten sei. „Gerade diese Formulierung enthält die Beitragsordnung nicht“, so Hoffmann, der acht Jahre lang kein CDU-Mitglied mehr war, Mitte Januar aber seine Rückkehr in die Partei öffentlich gemacht hatte. Er bezieht sich auf Paragraph 1, Absatz 1, der Finanz- und Beitragsordnung der Kreispartei, in dem stehe, dass „jedes Mitglied … einen persönlichen Beitrag zu entrichten“ habe. Auch die Landessatzung sowie die Landesfinanz- und Beitragsordnung regele seiner Auffassung nach nicht, dass der Mitgliedsbeitrag nur höchstpersönlich geleistet werden muss. Die diesbezüglichen Beschlüsse des Kreisparteivorstandes seien „nicht satzungsgemäß und demnach zu beanstanden“. Da Saysay „heute beruflich sehr eingespannt ist, hat sie mich gebeten, den Vorgang zu bewerten“ und unsere Redaktion zu informieren, schreibt der Stürzelberger in seiner E-Mail.

Der Vorsitzende der CDU im Rhein-Kreis Neuss, Ansgar Heveling, der als Bundestagsabgeordneter gerade in Berlin ist, erklärte dazu eben auf Anfrage unserer Redaktion: „Das Vorgehen bei den Beiträgen war ausgesprochen ungewöhnlich und unüblich. Wir haben daraufhin unmittelbar den Landesverband informiert und wurden zur Rückabwicklung aufgefordert. Diese ist erfolgt und der Kreisvorstand wurde darüber informiert, wie der korrekte und rechtmäßige Ablauf ist.“ (Oliver Baum)