Analyse einer Ex-Vorsitzenden

Rums – Am 22. Mai ist es mal wieder soweit. Die Werbegemeinschaft der Innenstadt wird führungslos. Nach rund zehn Monaten ist dann für den Vorstand um Robin Zur Feierabend. Was nicht daran liegt, dass der Vorsitzende und sein Stellvertreter Erik Krüger auffallend tätowiert sind oder riesen Teller in den Ohren tragen. Denn mittlerweile haben auch die Kritiker verstanden, dass dies im Grunde genommen einfach nur nette Jungs sind. Vielmehr liegt es „offiziell“ an der privaten Situation und am beruflichen Arbeitsaufwand, den sie neben ihrem Ehrenamt bewältigen müssen. Da dies für alle Vorstandsmitglieder gelten soll, ist die logische Folge: Der gesamte Vorstand tritt zurück.

Andrea Lemke hat eine klare Meinung zu der aktuellen Situation der Dormagener City-Offensive. Foto: privat

Ein Schicksal, dass die Werbegemeinschaft nun erneut verkraften muss. Nach zwei Jahren gab auch die ehemalige Vorsitzende Michaela Jonas auf, obwohl ihr Herz an der Innenstadt hängt. WSD oder CiDo, egal welchen Namen das Kind trägt, in den vergangenen Jahren wurde die Institution ganz schön gebeutelt. Vermeintlich neue Ideen wurden geboren, alte aufpoliert und wieder als neue verkauft. Es hat den Anschein, als seien die Akteure mit ihrem Latein am Ende. Die Bürger kritisieren die „miese“ Innenstadt mit den ständig gleichen Worten: „Früher war alles besser!“ Vermutlich sogar die Zukunft. Immer wieder gegen diese ewigen Miesepeter anzustinken kostet Kraft, besonders dann, wenn man an die Sache an sich glaubt. Denn allen Unkenrufen zum Trotz funktioniert die Innenstadt als Anziehungspunkt. Denn wo bitte trifft man sich mehr, wird auf Stadtfesten geshoppt und gemeinsam gefeiert? Wenn Geschäfte schließen, dann machen sie dies nicht, weil sie so viel Geld verdient haben, sondern weil sie nicht genug verdient haben. So ist der kritiksüchtige Dormagener ein Funken selbst mit Schuld an der Misere, wird dies nur nicht gerne hören und lesen.
Natürlich gibt es Verbesserungspotenzial. Das hat die Stadt auch erkannt. Denn immerhin gibt es die neue Stadtmarketing- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft (SWD). Die kocht bisher aber auch nur mit Wasser. Es stellt sich daher eine ganz andere Frage: Braucht Dormagen überhaupt noch diese kaufmännischen Zusammenschlüsse? Also die CiDo, die Interessengemeinschaft (IG) „TopWest“ oder den Gewerbeverein „Nievering“? Haben sich diese Vereine mit ihrem „Nicht- über-den-Tellerrand-schauen“ nicht längst überholt? Jeder kocht sein eigenes Süppchen, auch wenn sie alle auf Freundschaft machen. Wenn Vorsitzende gegen ihre eigenen Geschäftsinteressen agieren müssen, weil es die Mitglieder so wünschen, wie lange wird dieser dann noch weiter Vorsitzender bleiben? Beispiel Trödelmarkt im TopWest: Die Bürger wollen ihn, weil es angeblich nirgendwo billiger ist. Aber einigen Geschäftsleuten ist er ein Dorn im Auge. Er soll weg, weil er gegen die Ladenöffnungszeiten verstößt und weil er zwölf mal im Jahr sonntags veranstaltet wird. Ein Dilemma für den Vorsitzenden Norbert Heinen. Für ihn ist der Trödelmarkt, der mal ganz nebenbei eine immense Anziehungskraft hat, gar nicht so schlecht. Denn nach dem Trödel kommen die Verbraucher auch auf einen Abstecher in sein Autohaus. Wer weiß, vielleicht folgt später sogar der nächste Autokauf bei ihm. Aber Heinen muss „Nein“ sagen, so wollen es die Mitglieder. So wollen es die anderen Werbegemeinschaften. Ein undankbarer Job. Eine völlig andere Lage herrscht beim Nievering. Dank des Vorsitzenden, der offenbar sehr viel Kraft und Zeit in den Verein investieren kann, ist dieser klammheimlich immens gewachsen, hat sich bis nach Straberg und Gohr ausgeweitet. Doch Stefan Maxeiner ist ein ganz seltener Glücksfall. Denn die meisten Geschäftsleute müssen sich tagtäglich um ihren Laden kümmern, von morgens bis abends, müssen gegebenenfalls Kredite tilgen, ihren Familien gerecht werden und vor allem den launigen Kunden bei der Stange halten. Nebenbei dann auch noch Ehrenamt? Vorsitzender einer Werbegemeinschaft werden? Immer im Kreuzfeuer der Kritik stehen? Wer soll sich das antun? Und vor allem wofür? Wer genau darüber nachdenkt, kann nur zu einem Ergebnis kommen: Weglaufen, so schnell er kann! Doch nicht nur die Werbegemeinschaften oder die IG TopWest haben Nachwuchsprobleme oder leiden an fehlendem Einsatz der Mitglieder oder gar an neuen Ideen. Die seinerzeit mit einem Paukenschlag gegründete „Initiative Dormagen“ (IDO), jener Stadtmarketingverein, der es richten sollte, was macht der heute eigentlich noch außer „Dormagen Inside“? Jenes Format, wo sich die „Wichtigen“ gerne bei kostenlosem Essen und Trinken im Bullenstall treffen und…ja, was tun? Ach ja: Netzwerken! So war die Idee. Mittlerweile sind dort fast immer die gleichen Personen. Die müssten nun eigentlich „ausgenetztwerkt“ haben. Wo sind die Ideen geblieben, die hunderte Bürger ehrenamtlich für die Zukunft Dormagens monatelang in Workshops entwickelt haben und die in der „Agenda 2030“ zusammengefasst wurden? Liegen sie in der Schublade? Was ist mit „Schlaflos in Dormagen“, dem „Bauernmarkt“ und anderen Veranstaltungen der IDO? Von der Bildfläche verschwunden. Liegt das eventuell an der Amtsmüdigkeit des „ewigen“ Vorsitzenden Thomas Merbeck oder einfach daran, dass die Ideen fehlen oder die Power oder vielleicht sogar das Geld? Denn ohne Geld läuft bekanntlich nichts.
Das eint sie wieder alle: die CiDo, die IG TopWest, den Nievering und die IDO. Also Schluss damit! Wer mutig ist und die Zeichen der Zeit erkannt hat, wird feststellen: Die Zeiten dieser Institutionen sind vorbei!
Das könnte – vielleicht sogar müsste – nun wohl auch Bürgermeister Erik Lierenfeld einsehen, der kurz nach seinem Sieg bei der Kommunalwahl enorm für die Zukunft der Werbegemeinschaft in der Innenstadt gekämpft hat. Wie sagte der spanische Philosoph Miguel de Unamuno y Yugo schon: „In jedem Ende liegt ein neuer Anfang!“ Man möchte allen Akteuren zurufen: „Wagt ihn, den neuen Anfang. Macht etwas ganz Neues, etwas Zeitgemäßes!“
Zum Beispiel einen Zusammenschluss aller (!) Wirtschaftsbetriebe in Dormagen – vom kleinen Kiosk bis hin zum Industrieschwergewicht. Sie alle gehören gemeinsam zu Dormagen, schaffen Arbeitsplätze, zahlen Gewerbesteuer und gemeinsam unter einem Dach werden sie zu einer ganz neuen Schlagkraft! (ale)