Herrlich nach Feierabend bei diesen tollen Sommertemperaturen ein kühles Kölsch in einem Biergarten zu genießen oder sonntags mit der Familie einen faulen Lenz zu machen und sich einfach mal in einem Café mit Frühstück verwöhnen lassen. Das sind alles Dinge, die zur Lebensqualität gehören, genau wie eine Pizza essen oder ein schönes Stück Grillfleisch. Dumm nur, wenn das Angebot stark eingeschränkt wird und Gastronomiebetriebe nicht mehr sieben Tage die Woche geöffnet haben. Denn: Der Arbeitsmarkt ist leergefegt. „Geburtenschwache Jahrgänge und die zunehmende Akademisierung fordern ihren Tribut an Tisch, Topf und Tresen“, so der Deutscher Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) NRW. Während sich die einen in ihrer Freizeit meist abends oder am Wochenende verwöhnen lassen, müssen die anderen arbeiten. Ein Umstand, den die wenigsten noch leisten wollen. Die sogenannte „work-life-balance“, also die Balance zwischen Arbeit und Freizeit, ist vor allem bei jungen Leuten hoch im Kurs. Schüler, die sich nebenbei etwas verdienen wollen, werden rar, haben viel Schulferien, die sehr gerne nutzen. Für Gastronomiebetriebe, die darauf setzen eine Katastrophe. „Gastronomische Betriebe müssen deshalb ihre Angebote anpassen, verkürzen oder erhöhen sogar die Zahl ihrer Ruhetage“, sagt die Dehoga. Auch in Dormagen ist das so. Es gibt kaum einen Betrieb, der nicht nach Personal schreit. So zum Beispiel die Gaststätte „Zum Anker“: Dort werden zurzeit Servicekräfte, Küchenhilfe und Zimmermädchen gesucht. Im Restaurant „Il Marchese“ in Hackenbroich, und nicht nur dort, stehen die Chefs mittlerweile selbst rund um die Uhr in Küche und Service. Grund: fehlendes Personal. Ein Problem, das auch Frank Lemke von Lemkes Caféserie in der Innenstadt kennt. Vor zwei Jahren suchte er mit einer ungewöhnlichen Anzeige nach einer „nicht verpeilten Aushilfe“. Der Fall ging landesweit durch die Medien. Zahlreiche Bewerbungen kamen. „Am Ende haben wir auch einige eingestellt. Doch die Arbeit ist anstrengend und verlangt schon viel von einem. Das unterschätzen viele. Es ist ja nicht nur einfach so, dass sie einen Cappuccino raustragen müssen. Die Gäste erwarten Freundlichkeit, nette Gespräche, souveränes und gepflegtes Auftreten sowie gut mit Stress umgehen zu können. Nicht zu unterschätzen ist auch die körperliche Anstrengung. Wir investieren daher mehrere Wochen in die Einarbeitung, damit es am Ende rund läuft, für das Geschäft und den Gast“, so Lemke. Manchmal gäbe es Glückstreffer, die für ein oder zwei Jahre bleiben, die seien aber leider rar. „Viele sind zuverlässig und pflichtbewusst, andere aber überhaupt nicht. Manchmal erhalte ich nachts eine whatsapp-Nachricht von unseren Aushilfen, die absagen, weil die Oma krank wurde, sie selber oder weil sie irgendetwas anderes haben. Dann ist das Kind in den Brunnen gefallen und wir müssen überlegen, wie wir die fehlende Arbeitskraft wettmachen. Bisher gelingt uns das, aber meist auf dem Rücken des anderen Personals.“ Auch ein anderer Rathaus- Gastronom bestätigt dies. „Die Personalsuche ist wirklich eine Katastrophe. Es ist schwierig Leute zu finden, die abends oder aber am Wochenende arbeiten möchten. Die junge Leute wollen feiern“, weiß Luca Borelli vom „Paparazzi“ aus eigener Erfahrung. Lemke und Borelli sind keine Einzelfälle. Egal, wo das SCHAUFENSTER angefragt hat, der Tenor ist der gleiche: gutes Personal ist absolute Mangelware. Eine Ü60-Stunden- Woche ist für selbstständige Gastwirte die Regel. Tritt einmal der Extremfall auf und das Personal erscheint nicht wie verabredet zur Arbeit, springen oft Teile der Familie ein oder die Kraft, die bereits sechs oder sieben Tage am Stück gearbeitet hat. Der Gast weiß davon in der Regel nichts, er möchte gut essen und trinken, er erwartet eine entspannte Atmosphäre für die private Auszeit vom Alltag. Das ist sein gutes Recht, aber diese entspannte Auszeit ist in Gefahr. (-sf/-oli/-ale)