Kein Tag vergeht ohne Meldungen über den Klimawandel. Düster wird die Zukunft skizziert: Plastik, SUVs, Flugreisen, Fleischkonsum, Kohlekraftwerke, Kreuzfahrten und vieles mehr, alles schlimm für unser Klima. Über all dem thront Greta Thunberg. Jenes Mädchen, das eine riesige Lawine in Gang gesetzt hat mit ihren Freitagsdemonstrationen. Begonnen vor einem Jahr folgen ihr mittlerweile Millionen Menschen, vor allem die Jugend, und demonstrieren und fordern krasse Maßnahmen, damit diese Erde eine Zukunft hat. Thunberg ist eine Reizfigur geworden. Die einen nervt sie, die anderen motiviert sie. Fazit ist, das 16-jährige Mädchen aus Schweden, quasi die Mutter der „Friday for Future“-Demonstrationen, erhielt für ihr Engagement am vergangenen Mittwoch den Alternativen Nobelpreis. Was das alles mit Dormagen zu tun hat? Eine Menge, denn am Freitag vergangener Woche machten sich auch viele Dormagener auf, um an den großen Demonstrationen in Köln oder Düsseldorf teilzunehmen. Gut zu sehen war dies vor allem am Dormagener Bahnhof, wie ein Schüler des Leibniz-Gymnasiums berichtet: „Es war super voll und ich habe wirklich viele Bekannte von anderen Dormagener Schulen am Bahnhof getroffen.“ Der 17-Jährige war mit einer Freundin unterwegs, musste dafür die Schule schwänzen. „Eigentlich lebe ich nicht so klimaschonend. Ich bin dieses Jahr auch schon geflogen. Daher ist es für mich auch schwierig sich dahinzustellen.“ Dennoch sei das nötig. „Durch die Demos werden immerhin Anreize geschaffen, klimafreundlicher zu leben und das unterstütze ich gerne mit meiner Teilnahme. Erstmals waren auch explizit Erwachsene aufgefordert, das Ansinnen der Jugend zu unterstützen. Eine, die mit dabei war, ist Susanne Baruschke aus Sie ist gleich mit ihrer ganzen Familie auf nach Köln. Sie und ihr Mann hatten extra Urlaub genommen, um an dieser Demo teilzunehmen. „Wir sprechen oft mit unseren Söhnen, die 14 und 19 Jahre alt sind, über diese Themen und merken wie sehr sie das beschäftigt“, erklärt sie die Motivation. Ausgestattet mit Schildern wie „Don’t waste it – repair it“ (Nicht wegschmeißen, reparieren) machte sich die Familie auf den Weg. „Jeder hatte ein Schild dabei“, erzählt sie. Ihren Sohn bewege zum Beispiel, dass ganze Dörfer für den Abbau von Kohle verschwinden, ihren Mann die SUVs in der Stadt. Auch Bettina Stürmer (54), ebenfalls aus Straberg, hatte sich auf den Weg gemacht. „Unsere Welt verändert sich drastisch. Das kann man schon in unseren Gärten sehen. Zwei heiße Sommer haben Folgen. Wer gärtnert, weiß das“, erklärt sie und fügt hinzu: „Woanders sind die Folgen schon schlimmer, auf manchen Inseln saufen die Menschen schon ab.“ Daher ist Stürmer auch der Meinung, dass es wahrscheinlich ohne Regulierungen nicht mehr geht, um die Welt zu retten. „Das war eine sehr friedliche Stimmung dort. Es war toll zu sehen, dass Großeltern und Enkel gemeinsam demonstriert haben“, so Stürmer, die privat schon auf Flugreisen verzichtet. „Ich kann einfach nicht nachvollziehen, das Leute für drei Tage zum Feiern nach Malle fliegen. Das ist eine Umweltsauerei ohnegleichen“, findet sie. Reisen als Umweltsauerei? Das sieht Axel Güttler vom TUI-Store in Dormagen anders: „Manches an den Diskussionen ist ein Witz. Zum Beispiel die Kreuzfahrtschiffe, über die sich aufgeregt wird. Es gibt nur wenige hundert, von den über 60.000 Containerschiffen spricht niemand, die vor allem mit Schweröl über die Meere fahren.“ Einen Rückgang an Buchungen stellt er weder bei Flug- noch bei Schiffsreisen fest. „Die Leute freuen sich auf ihren Urlaub. Aber man kann sicherlich darüber diskutieren, ob es sinnig ist im Inland zu fliegen. Auf vielen Strecken innerhalb Deutschlands ist das Bahnfahren kürzer und umweltfreundlicher.“ Auch Norbert Heinen vom Autohaus Toyota Heinen kann keine Änderung im Verhalten seiner Kunden erkennen. „Unsere SUVs werden nach wie vor gekauft, sie sind aber auch eher wie höher gelegte Kombis und werden gerne von älteren Menschen gekauft, nicht um zu protzen, sondern weil sie so bequem im Alter ein- und aussteigen können.“ Beim Endverbraucher tut sich also offenbar nicht so viel, an Schulen aber schon. Zum Beispiel am Leibniz-Gymnasium. Die Schüler, die für die große Demo nicht blaumachen wollten oder konnten, haben am Freitag voriger Woche vor Ort demonstriert. Noch vor Unterrichtsbeginn haben sie sich vor der Schule postiert und zum Beispiel dagegen protestiert, dass Eltern ihre Kinder mit dem Auto zur Schule bringen. Zudem gab es Durchsagen, dass die Schüler, soweit möglich, doch bitte mit dem Fahrrad zur Schule kommen sollen. „Es tut sich schon einiges an unserer Schule. In unserer Schülervertretung wurde auch extra eine Gruppe gegründet, die sich damit beschäftigt, wie wir etwas vor Ort machen können“, so ein Schüler. (-Andrea Lemke)